Ukrainian Collection

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Wirtschaftspolitisches aus der Ukraine

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Wirtschaftspolitiches aus der Ukraine von S. Zuckermann

Verlag Russicher Kurier, Berlin NW52 1918

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Alle Rechte, besonders das bezüglich der Uebersetzung sowie der Zahlentabellen, vorbehalten.

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Inhaltsverzeichnis

Seite Einleitung 1 Wirtschaftliche Grundlagen der Ukraine 3-55 Entstehung des ukrainischen Staates 3 Flache und Landbesitz 4 Bevölkerung und Nationalitäten 7 Die Nationalitäten-Ministerien 9-17 Beim russischen Minister 9 Beim jüdischen Minister 11 Beim polnischen Minister 14

Die landwirtschaftliche Kraft der Ukraine 17-37 Getreideproduktion 17 Schnapsverbrauch 20 Die Getreideorganisation 23 Beim Allrussischen Verband der Landeigentümer 25 Zuckerindustrie 28 Tabakanbau 29 Viehbestand 31 Geflügelzucht 33 Eierproduktion 34 Forstwirtschaft 35 Obstbau 37 Oelsamereien 37 Gemüsebau 37 Fischerei 37 Die industrielle Kraft der Ukraine 38-55 Die Kohlenproduktion 39-41 a) Steinkohle 39 b) Braunkohle 40 c) „Graue“ Kohle oder Torf 41 d) „Weiße“ resp. „grüne“ Kohle 41 Eisenerz- und Manganerz-Produktion 42-43 a) Eisenerz 42 b) Manganerz 43

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Siete Steinsalz 44 Ton 44 Gesteine 45 Verkehrswege 45 Schiffsverkehr 48 Fabrikwesen 50 Die Arbeiter 53

Die Staatsorganisation der Ukraine 55-71 Die Zentralrada 55 Das informationsbureau 58 Das erste Universal 59 Das zweite Universal 60 Das dritte Universal 60 Das vierte Universal 61 Das Agrargesetz 62 Das achtstündige Arbeitstaggesetz 65 Kundgebung der Rada der Volksminister 65 Rückkehr der Zentralrada nach Kiew 67 Regierungsprogramm des Kabinetts Golubowitsch 67 Aufruf des ukrainischen Landwirtschaftsministers 68 Kundgebungen der ukrainischen Bauern 70

Der Wirtschaftsverkehr mit der Ukraine 72-90 Die deutsche Ukraine-Delegation 72 Das Wirtschaftsabkommen 73 Kundgebungen zum Abschluss des Wirtschaftsabkommens 75 Das Vorgehen der Oesterreicher 78 Der erste Erlass des Generalfeldmarschalls v. Eichhorn 80 Der zweite Erlass des Generalfeldmarschalls v. Eichhorn 80 Sturz der Zentralrada und Regierungswechsel 84 Beim Hetman Skoropadskij 84 Beim Handelsminister Gutnik 86 Schlussbemerkung 89

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Einleitung

Am 9, Februar 1918 wurde in Brest-Litowsk zwischen Deutschland und der Ukrainischen Volksrepublik ein Friedensvertrag geschlossen, nach dessen Artikel VII, Ziffer I die vertragschließenden Teile sich gegenseitig verpflichtet haben, unverzüglich die wirtschaftlichen Beziehungen anzuknüpfen, wobei der gegenseitige Austausch der Überschüsse der wichtigsten landwirtschaftlichen und industriellen Produkte zur Deckung der laufenden Bedürfnisse zunächst nur bis zum 31. Juli 1918 vorgesehen war.

Da nun einerseits die Lage in der Ukraine, meinem Heimatlande, inzwischen außerordentlich unsicher geworden ist und in Deutschland über die volkswirtschaftlichen Verhältnisse der Ukraine, sowie über die Ukrainer selbst fast durchweg völlige Unkenntnis herrscht, andererseits der Krieg zwischen Deutschland und der Entente aber noch lange nicht beendet ist und diese unentwegt Mannigfache Vorkehrungen trifft, die wirtschaftliche Bekämpfung Deutschlands nach dem Kriege in der energischsten Weise durchzufuhren, so dass die Orientierung Deutschlands nach der Ukraine eine um so größere Bedeutung erhalt und auch für die ferne Zukunft dringend geboten erscheint, entschloss ich mich eine Informationsreise Nach der Ukraine zu unternehmen, um alsdann Den beteiligten deutschen Kreisen über den tatschlichen Stand Der wirtschaftspolitischen Verhältnisse, über die wesentlichen Veränderungen Wahrend des Krieges und über die Zukunftsmöglichkeiten Des deutsch-ukrainischen Handelsverkehrs meine persönliche Wahrnehmungen zum Ausdruck zu bringen.

Als mein Vorhaben u. a. Exzellenz Edler v. Braun, Unterstaatssekretar Im Kriegsernährungsamt, bekannt wurde und unter seiner Leitung die im Friedensvertrag vorgesehene deutsche Delegation am 19. Marz 1918 zu den Verhandlungen nach Kiew reiste, lud mich Exzellenz v. Braun ein, ihn als Sachverständiger dorthin zu begleiten.

In finanzieller Beziehung forderten diese meine Ukrainereise Die Zentralstellen für die Ausfuhrbewilligungen, sowie der Deutsche Ueberseedienst G. m. b. H.; zu publizistischen Berichterstattung verpflichtete Mich die Redaktion des „Berliner Lokal-Anzeiger“.

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2 Hierdurch war es nun möglich, die beabsichtigte Informationsreise Auszufuhren und während eines achtwöchigen Aufenthalts in Der Ukraine nicht nur viele geschichtlich denkwürdige Ereignisse Mitzuerleben, sondern auch umfassende Wahrnehmungen zu machen, wovon in Nachstehendem, zunächst allerdings nur ein Teil, soweit er dem gedachten Zwecke dienlich sein und durch die obwaltenden Verhältnisse bekanntgegeben werden kann, den weiteren Kreisen Zugänglich gemacht werden soll.

Die hierzu gesammelten und nach verschiedenen Richtungen hin ausgiebig verarbeiteten amtlichen handelsstatistischen unterlagen ergaben ein anschauliches und in vielfacher Beziehung überaus bemerkenswertes wirtschaftsstatistiches Bild über die Ukraine. Es kann daher nur dringen empfohlen werden, dass die beteiligten Kreise hüben wie drüben, vor allem aber die leitenden Stellen Deutschlands die vorliegenden Ergebnisse, die zum erstenmal auch das Verhältnis der Ukraine zu ganz Rußland, wie zu den anderen in Betracht kommenden Teilen des ehemaligen Zarenreiches zahlenmassig bringen, einem recht eingehenden Studium unterziehen mögen, um auch die kausalen Zusammenhänge richtig erfassen und zweckdienlicher handeln zu können. Nur dadurch können stabilere Grundlagen für den Wirtschaftsverkehr mit der Ukraine und darüber hinaus geschaffen werden.

Berlin , Juli 1918 S. Zuckermann.

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Wirtschaftliche Grundlagen der Ukraine.

Entstehung des ukrainischen Staates.

Bei den Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk wurde als erstes Ergebnis am 9. Februar 1918 der Friedensvertag mit der neugebildeten Ukrainischen Volksrepublik geschlossen. Für diesen aus dem ehemaligen Russischen Reich, dem es seit 1654 angegliedert war, wiederum abgesonderten Staat sollte nach dem Artikel II, Ziffer 2 des Friedensvertrages die Grenze von Galizien ab wie folgt verlaufen: Tarnograd, Bilgorai, Szcebreszyn, Krasnostaw, Pugaszow, Radin, Meschiretschje, Sarnaki, Melnik, Wyssoko-Litowsk, Kamenez-Litowsk, Pruschany und Wygonowskoje-See. Im einzelnen sollte diese Grenze, nach den ethnographischen Verhältnissen und unter Berücksichtigung der Wünsche der Bevölkerung, durch eine gemischte Kommission festgesetzt werden.

Als diese dem neugebildeten ukrainischen Staat zugestandene und von seiner Regierung dann noch selbst im Nord- und Südosten, wenn auch zunächst nur auf Papier, vorgenommene Grenzregulierung bekannt wurde, da begann man allerorts, insbesondere in Polen und Groß-Rußland, enegisch dagegen zu protestieren, so daß von einer scharf umrissenen Begrenzung der Ukraine noch nicht die Rede sein kann.

Im großen und ganzen aber kommen bei der Ukraine die nachfolgenden neun Gouvernements in Betracht: Kiew, Podolien, Wolhynien, Poltawa, Tschernigow, Jekaterinoslaw, Charkow, Cherson und Taurien.

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Fläche und Landbesitz.

Fläche und Landbesitz bei den einzelnen ukrainischen Gouvernements sind aus der nebenstehenden Tabelle I ersichtlich.

Somit beträgt der bäuerliche Landbesitz in der Ukraine 2,13 mal mehr als der übrige Landbesitz (68,1% zu 31,9%), wobei auf eine ukrainische Bauernwirtschaft durchschnittlich nur 6,7 Deßjatinen und auf den Kopf der ukrainischen Bevölkerung nur 1,35 Deßjatinen Land kommen. Nach den amtlichen statistischen Ermittelungen würde der durchschnittliche Landvorrat für die Zuteilung in der Ukraine 1,5 Deßjatinen, für das ganze europäische Rußland aber 3,4 Deßjatinen auf den Kopf der Bevölkerung betragen. Daher der ständige „Landhunger“ in der Ukraine und die vor die vor dem Kriege beobachtete starke Auswanderung, bzw. Uebersiedelung, die zuletzt jährlich durchschnittlich 24 684 Familien mit insgesamt 153 210 Personen ausmachte, während aus dem Gebiet des gesamten europäischen Rußlands jährlich durchschnittlich nur 346 438 Uebersiedler gezählt wurden.

Diese starke Bauernauswanderung aus der Ukraine ist durch den Landmangel, aber auch durch den übermäßig großen Zuwachs der dortigen Bevölkerung bedingt. Wurde doch bisher der größte Bevölkerungszuwachs in dem ehemaligen Zarenreiche fast stets in Taurien und im Gouvernement Jekaterinoslaw festgestellt, wobei es in der Ukraine über 1% mehr Männer als Frauen gibt.

Um nun dem Landmangel bei den ukrainischen Bauern entgegenzusteuern und die ländlichen Massen für sich zu gewinnen, machten die Lenker der Ukrainischen Volksrepublik durch ihr Universal III kurzen Prozeß, indem sie u. a. Nachfolgendes verkündeten:

„Von jetzt ab wird auf dem Territorium der Ukrainischen „Volksrepublik das bestehende Eigentumsrecht auf Ländereien „der Gutsbesitzer, sowie auf andere Ländereien nichtarbeitender „Wirtschaften von landwirtschaftlicher Berdeutung, ebenso auf Apa„nagen-, Kloster-, Kabinetts- und Kirchenländereien aufgehoben. „In der Erkenntnis, daß jene Ländereien Eigentum des gesamten „arbeitenden Volkes sind und ohne Entschädigung auf dasselbe „überzugehen haben, beauftragt die Zentralrada den General„sekretär für Landangelegenheiten, unverzüglich ein Gesetz dar„über auszuarbeiten, wie die vom Volk gewählten Landkomitees „jene Länddereien bis zur Einberufung der Ukrainischen Konsti„tuante zu verwalten haben.“

Fast allgemein hörte ich in der Ukraine - mitunter sogar von einfachen Bauern - die schäfste Verurteilung dieser unüberlegten, für die unkultivierte, unvorbereitete und unaufgeklärte ukrainische Masse gänzlich verfehlte Maßnahme, die unabsehbare Nachteile für

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indessen hervor, daß in der Ukraine nur etwa ⅔ der Bevölkerung eigentliche Ukrainer sind, und auch dies nur dann, wenn man die nicht unbeträchtliche Anzahl der Kleinrussen hinzurechnet, die sich von den Ukrainern zwar wenig unterscheiden, aber von diesen immerhin als zu einer anderen Nationalität gehörig angesehen werden.

Während die egentlichen Ukrainer vorwiegend das flache Land bewohnen, findet man in den Städen der Ukraine zumeist Großrussen, wo sie durchschnittlich 34% der Bevölkerung ausmachen. Die Städte des Gouvernements Poltawa weisen im Durchschnitt 11,4% die des Gouvernements Cherson 44,8% Großrussen auf. In einzelnen Städten leben sogar über 50% Großrussen. Interessant sind in dieser Beziehung die von der Kiewer Stadtverwaltung im März 1918 veröffentlichten Teilangaben über die Volkszählung in Kiew Ende 1917. Danach wurden dort insgesamt 467 591 Zivilpersonen (209 086 Männer und 258 505 Frauen) gezählt; davon waren 49,48% Russen, 18,66% Juden, 12,03% Ukrainer, 9,15% Polen, 4,39% Kleinrussen und 6,29% andre Nationalitäten. Als ihre Muttersprache gaben an: 54,78% russisch, 17,85% jüdisch, 12,21% ukrainisch, 9,24% polnisch, 4,47% kleinrussisch und 1,45% andere Sprachen.

Die Nationalitäten-Ministerien.

Angesichts einer solchen Zusammensetzung der ukrainischer Bevölkerung sah man sich veranlaßt, durch Universal III die nationalpersonelle Autonomie zu verkünden. Späterhin wurden besondere Nationalitäten-Ministerien und zwar je ein Ministerium für großrussische, jüdische und polnische Angelegenheiten errichtet. Da nun diese Nationalitäten-Ministerien beim Aufbau der staatlichen Einrichtungen der Ukrainischen Volksrepublik und ihrer weiteren Entwicklung eine ganz abesondere Bedeutung erlangt haben un da die Lösung der Nationalitätenfrage, bzw. die Rolle der wichtigsten Nationalitäten - außer 'den Ukrainern selbst - in der Ukraine für die fernere Zukunft derselben ausschlaggeband und für die Gestaltung der wirtschaftlichen Beziehungen auch nach dem Kriege nicht ohne Belang sein' wird, so habe ich es unternommen, mit den Nationalitätenministern diesbezüglich Rücksprache zu nehmen.

Beim russischen Minister.

Als Volksminister für großrussiche Angelegenheiten in der Ukraine fungierte D. M. Odinez, der 1882 in Jaroslawl geboren wurde und 1907 die juristische Fakultät der Petersburger Universität absolvierte. Später wirkte er an derselben als Professor der Geschichte des russischen Rechts. Im Sommer 1903 hörte Odinez Vorlesungen an der Berliner Universität. Der russische Minister Odinez, der sich sonst ziemlich zurückhaltend zeigte, wurde sehr lebhaft,

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Eierproduktion

Dies ist um so erfreulicher, als infolgedessen die Eierproduktion der Ukraine, die von so großer Bedeutung ist, nach wie vor enorme Ueberschußmengen aufzuweisen hat. Obwohl der Eierexport in der Ukraine noch wenig entwickelt ist - kein gutes Verpackungsmaterial, schlechte Sortierung, lange und unzulängliche Lagerung vor der Absendung - , so konnten doch 1913 über eine Milliarde Eier nach dem Auslande ausgeführt werden, soweit sich dies durch die Angaben der Eisenbahnverwaltungen ermitteln ließ. Tatsächlich ist die Ukraine in der Lage, noch weit größere Mengen von Eiern abzugeben, vorausgesetzt allerdings, daß - neben geordneten Verhältnissen - die Abfertigung der für der Export bestimmten Eier zweckmäßiger gestaltet wird.

Indessen dürfte der direkte Eierexport aus der Ukraine nach Deutschland kaum denjenigen Umfang annehmen, den er tatsächlich haben könnte. Davon habe ich mich von neuem on Ort und Stelle nicht nur durch die Ausführungen der ukrainischen Eierinteressenten, sondern auch durch das umsichtige Vorgehen der nach der Ukraine gekommenen Oesterreicher überzeugen können. Oesterreich-Ungarn dürfte also beim Eierexport aus der Ukraine auch in Zukunft dieselbe Vermittlerrolle spielen, wie dies vor dem Kriege der Fall war und wie ich es in Nr. 1 meiner „Handelsstatisstischen Blätter“ zahlenmäßig und graphisch anschaulich zum Ausdruck gebracht habe, sofern man deutscherseits nich rechtzeitig diesbezügliche umfassende Vorkehrungen trifft und zwar jeweils im Einklang mit den tatsächlichen Verhältnissen und örtlichen Eigentümlichkeiten.

Bezeichnend für die große Menge der auch jetzt noch in der Ukraine vorhandenen Eier ist u. a., daß, trotz der Geldentwertung und der übermäßig hohen Preise für fast alle Lebensmittel - mitunter bis zum vierzigfachen - , die Preise für Eier an vielen Orten der Ukraine noch bis vor kurzem verhältnismäßig niedrig - etwa 10-12 Kopeken das Stück - waren. In Rowno hat der deutsche Kommandant Ende März 1918 den Höchstpreis für Eier sogar auf 5 Kopeken per Stück festgesetzt. Die schlechten Verkehrsverhältnisse, die rapide Preissteigerung für alle Artikel des täglichen Bedarfs und die Spekulation haben indessen auch eine gewisse Erhöhung der Eierpreise verschuldet. Immerhin ist die Ukraine sehr wohl in der Lage, größere Mengen von Eiern abzugeben, und wenn es zunnächst aus verschiedenen, mitunter freilich absolut nicht gut zu rechtfertigenden Gründen auch unmöglich ist, von dort frische Eier in gewünschter Menge zu beziehen, so sollte man es doch nicht unterlassen, den Ausfall dadurch wett zu machen, daß man in der Ukraine Eiertrockenanlagen errichtet, um neben frischen Eiern noch Eier in Pulverform ausführen zu können. Dabei wäre zu beachten,

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